Mittwoch, 14. Dezember 2011

Reigi - Dojoetikette

Reigi – Etikette im Dojo / Grußformen

In den ersten Trainingseinheiten ist man vielleicht etwas verwundert oder gar irritiert, wenn einem neben dem Training auch noch diverse Grußformen beigebracht werden, und man Begriffe wie Etikette, Respekt, Angrüßen, Abgrüßen hört. Außerdem fühlt man sich vielleicht auch komisch sich derart unterzuordnen – schließlich ist man im Alltag ein eigenständiger Mensch mit einer eigenen Meinung…

Aber keine Angst: Man gibt seine eigene Persönlichkeit, seine Meinung und Freiheit auf gar keinen Fall an der Dojotür ab! Denn DAS ist unter Etikette überhaupt nicht zu verstehen. Aber was dann?

Karate beginnt und endet mit Respekt. Dieses wird durch gewisse Regeln, Verhaltensweisen und Grußformen verdeutlicht und gelebt. Es handelt sich nicht um sinnlose Rituale oder gar  lästige „Karatepflicht“. Der Rahmen der um das Training in Form der Dojoetikette gelegt wird drückt gegenseitiges Vertrauen und Respekt aus und soll gleichzeitig Sicherheit, körperliche und geistige Offenheit verdeutlichen und bewirken.

Die Angrüßungszeremonie ist für Karateka der „Bruch zum Alltag“. Spätestens wenn man sich in der Anfangsmeditation befindet löst man sich von den Sorgen und Problemen des Alltags. Ob morgens das Auto nicht angesprungen ist, man sich mit dem Partner gestritten oder der Chef Überstunden verlangt hat wird hier abgestreift. Man bereitet sich auf das Training vor.

Wann wird wie gegrüßt?

- Beim Betreten des Dojos bleibt man einen Moment in der Tür stehen, verneigt sich und sagt: „Shitsu rei shimasu“ (ausgesprochen: schizoree schimass). Danach betritt man mit dem linken Fuß zuerst das Dojo.
"Shitsu rei schimasu" bedeutet übersetzt: "Ich hoffe nicht zu stören".
In Japan glaubt man an Geister und die Existenz der Ahnen. Man geht davon aus, dass sich diese vor Ort befinden und drückt somit den Respekt ihnen gegenüber aus.

- Beim Verlassen des Dojos bleibt man ebenfalls einen Moment in der Tür stehen, verneigt sich und sagt „Shitsu rei shimashita (ausgesprochen schizoree schimaschda) – „Ich hoffe, nicht gestört zu haben!“ Das Dojo wird mit dem rechten Fuß zu erst verlassen, dann folgt der linke - erst dann dreht man sich um. Den Rücken zuzuwenden gilt als sehr unhöflich!

- Nachdem die Meditation zu Beginn des Trainings beendet wurde, folgt der Gruß „Shomen ni rei“. Dies ist der Gruß zu den Ahnen. Man ehrt den Geist des Karate und die lange Reihe der Lehrer die diese Kampfkunst weiter gegeben haben.
Vergessen sollte man an dieser Stelle auch nicht die Menschen, die es einem überhaupt ermöglichen zum Training zu gehen. Der Partner der auf die Kinder aufpasst, die Freunde die Verständnis haben, dass man den Kinobesuch verschoben hat, die Eltern die einem zum Training fahren…

- Nach „Shomen ni rei“ folgt „Sensei ni rei“ Dies ist der Gruß zum Lehrer. Bei der Verbeugung sagt man die Worte „Onegai shimasu“ (gesprochen ongai schimass). Übersetzt bedeutet das: „Bitte hilf mir!“.

- Es folgt der Gruß „Otagai ni rei“. Nun verbeugen sich die Schüler voreinander ebenfalls gefolgt von der Bitte „Onegai shimasu“.

- Die Grußformen nach dem Training unterscheiden sich nicht von denen vor dem Training. Allerdings sagt man bei den Grüßen „Sensei ni rei“ und „Otagai ni rei“
“Arigato gozaimashita" (gesprochen: arrigato gosaimaschda) Dieses ist mit „Danke für die Hilfe“ zu übersetzen.

Wann wird noch gegrüßt und warum?

Zu Beginn einer Partnerübung verneigen sich die Partner voreinander und bitten um Hilfe („Onegai shimasu“). Sie signalisieren damit, dass sie nach besten Kräften Verantwortung während der gemeinsamen Partnerübung für sich und dem Anderen übernehmen. Das heißt sie sind konzentriert bei der Übung und stellen sich auf den Mittrainierenden ein. Das bedeutet zum Beispiel auch, dass ein höher graduierter oder körperlich stärkerer Schüler so angreift, dass der andere die Partnerübung noch ausführen und dabei lernen kann. Wird die Partnerübung beendet verbeugt man sich wieder voreinander und bedankt sich („Arigato gozaimashita“).

Nicht fest mit irgendwelchen Ritualen direkt in das Training eingebunden sollte es trotzdem für jeden Karateka selbstverständlich sein, das Dojo ordentlich und sauber zu betreten. Das betrifft den Körper (Saubere Hände und Füße, gekürzte Finger- und Zehennägel, kein Schmuck), Kleidung aber auch die innere Haltung und Einstellung.

Autor: Sandra Lossie, 5 Kyu.